Gibt es so etwas wie Alltag auf Reisen? Vermutlich ist die erste Antwort: Nein! Und irgendwie stimmt das ja auch. Aber dann bescheren einem gerade vertraute Routinen echte Glücksgefühle. Das Lustige ist, dass ich im Vorfeld niemals gedacht hätte, dass gerade Reisen einem den Alltag wieder schmackhaft machen könnten. Denn eigentlich will ich doch reisen, um dem alltäglichen Leben ein wenig zu entkommen, oder? Ich bin nun fast zwei Monate unterwegs. Ob mir diese Zeitspanne kurz oder lang vorkommt, kann ich gar nicht wirklich sagen. Manchmal kurz, manchmal lang. Einerseits habe ich das Gefühl, dass ich schon Ewgikeiten weg bin. Auf der anderen Seite gibt es Momente, in denen mir bewusst wird, dass es „erst“ ein paar Wochen sind und noch weit mehr Zeit vor mir liegt.
Überhaupt: Reisen über einen längeren Zeitraum ist eine zwiespältige Angelegenheit. Es ist einfach geil, das steht fest. Es ist manchmal aber auch scary. Die große Freiheit, die man sich erträumt und die die Vorfreude auf den großen Trip bestimmt hat, ist auch nicht bloß Zuckerschlecken. So stellt es sich heraus. Es muss geplant, gebucht, organisiert werden. Alle paar Tage aufs Neue. Dabei werden Preise und Leistungen verglichen, unendlich oft Google Maps um Rat gefragt und auch die Wetter-App spielt eine nicht unwichtige Rolle bei der Reiseplanung. Wo schlafen wir die nächsten Nächte? Und vor allem: Wie kommen wir dort hin?
Ja, es gibt ihn – den Reisealltag.
Meine witzigste und gleichzeitig interessanteste Erkenntnis daraus: Auch auf Reisen stellt sich so etwas wie Alltag ein. Reisealltag eben. Ein nur scheinbarer Widerspruch in sich. Und fast schon pervers: Man sucht und erzeugt ihn. Bewusst? Unbewusst? Beides. In der Ferne sehne ich mich plötzlich nach ganz alltäglichen Dingen. Ich zelebriere das Einkaufen im Supermarkt. Ein Highlight für mich! (Nicht lachen!) Eine Girls Night Out in Mount Maunganui hat meine Reisekumpanin Hanna und mich so glücklich gemacht, als hätten wir im Lotto gewonnen. Am Programm standen die simpelsten Dinge: Dinner und Kino. Mit eiskalter Cola und Malteser. DER WAHNSINN! Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie herrlich so etwas „Gewöhnliches“ plötzlich ist, weil es einem ein vertrautes Gefühl schenkt.
Alltag, I love you!
Vom ganzen Rucksack schleppen, bin ich verspannt wie sonstwas. Meine Muskeln wissen schon gar nicht mehr, wie sie e.n.t.s.p.a.n.n.t buchstabieren sollen. Also stand vor ein paar Tagen eine Yoga-Stunde am Programm. Google und der Weltherrschaft der Yogis sei Dank, findet sich ja mittlerweile in jeder halbwegs größeren Stadt ein Yoga-Studio. Also abschauender Hund mit einer eingespielten, einheimischen Yoga-Truppe, die verdutzt geguckt hat, als ich dastand und mitmachen wollte. Goooooott, es hat soooo gut getan! …und mich an daheim erinnert. Da ist es wieder dieses Stück Alltag, das man sich auch am anderen Ende der Welt nicht nehmen lassen will. Komisch, oder?
Das Coole an der ganzen Sache ist aber, dass ich diese kleinen Dinge wieder aufrichtig schätze. So auch das Fernsehen. Hahahaha. Ja, wirklich. Daheim ist die Glotze nichts Besonderes. Hier haben wir nicht immer und überall einen TV. Relaxen vorm Fernsehgerät ist eher die Ausnahme als die Regel. Ihr glaubt gar nicht, wie unfassbar grandios es ist, mit einem Eis (Hallo, Supermarkt, Du geiles Ding!) vor einem Fernseher zu sitzen (vielleicht sogar mit Netflix, boooooom!) und sich eine Folge der herrlich trashigen Show „Married at first sight“ reinzuziehen. Aaaaaaaaaaaa, I love it!!!!! Simpel, aber so supaaaa!
Herrlich banal
Und neben all den unglaublichen Großartigkeiten und unvergesslichen Abenteuern, die ich hier jeden Tag aufs Neue erleben darf und all den netten Kiwis, die ich bislang kennenlernen durfte, ist diese Erfahrung für mich eine der Lehrreichsten zu diesem Zeitpunkt. Wenn man weit weg ist, dann erscheinen einem vertraute Kleinigkeiten plötzlich wie das größte Geschenk. Ich werde mich bemühen, dieses Wissen mit heim zu nehmen und back home abzurufen, wenn ich mir wieder mal denke: „Wäääähhh, Alltag!“ Denn eines ist sicher: So schlecht kann Alltag nicht sein, wenn ich mir wegen dieser Augenblicke in Neuseeland einen Haxen ausfreue.
Cheers auf die alltäglichen Wohlfühlmomente!
P.S. Was sind eure Lieblings-Alltagsmomente? Let me know und hinterlasst mir einen Kommentar 🙂
Ach wie wahr! Stimmt voll, was du da beschreibst. Alltägliches das ich auf Reisen recht schnell vermisse: „alltägliches“ Essen wie Schwarzbrot oder Salat.